... oder warum es ein Segen ist, dass wir es den Osmanen 1683 vor den Toren Wiens abgenommen haben.
Was ist denn Kaffee überhaupt? Kaffee ist das Zusammenspiel von etwa 1200 verschiedenen Aromen die die Wissenschaft bei weitem noch nicht vollständig entschlüsselt hat. Bis vor 20 Jahren noch war Kaffee alles andere als Lifestylegetränk - im Gegenteil. Wer viel Kaffee trank zeigte: ich arbeite zuviel, schlafe zuwenig und pushe mich mit Kaffee durch den Tag. Es ist eine Tatsache, dass Starbucks Kaffee trinken revolutioniert hat. Damit meine ich nicht der komplexe Bestellvorgang der jeden Newbie erschaudern lässt. Nein, es geht um den Umstand, dass Starbucks seinen Kaffee zu extrem hohen Preisen verkaufte und man sich den Becher erstmal leisten musste. Der wurde dann fast wie eine Trophäe vor sich hergetragen: "Schaut her, ich leiste mir einen 8 Euro-Kaffee".
Das holte uns den Kaffee weg von der "Thermokanne aus der Tanke Kultur". Auch wenn man nicht unbedingt ein Freund der Kapseln ist - die haben unseren Kaffee genauso aufgewertet, den meisten war bis vor 10 Jahren nicht bewusst wie vielfältig Kaffee ist. Spätestens seit es ungezählte, verschiedenfarbige Kapseln gibt hat jeder so "seine" Sorte.
Meine Oma, auch in Vorarlberg immer eine waschechte Wienerin geblieben, hat ihren Kaffee noch selbst geröstet und sie schwörte darauf, dass es bei ihr den besten Kaffee weit und breit gibt. Ich habe in meinen Kindheitserinnerungen noch den Geruch im Kopf, der beim Kaffee machen durch die Zimmer zog.
Kann das jeder? Das wollte ich genauer wissen und bestellte mir ein Kilo feinsten Rohkaffee aus Nicaragua. Selbstverständlich fair gehandelt, biologisch und nachhaltig angebaut und von freilaufenden Kaffeebohnen, so ist auch das Gewissen besänftigt. Diesem "sortenreinen Hochlandarabica" wollen wir jetzt mal das Aroma entlocken.
Es war recht einfach eine Beschreibung fürs rösten zu finden. Ich muss jedoch warnen, es gibt eine Riesensauerei! Ich musste eine grosse Pfanne nehmen, wer hat schon eine Rösterei zuhause. Die Pfanne wird erhitzt und die Bohnen beginnen zunächst mal etwas sonderbar zu riechen. Das wird online mit "grünem Gras" oder "nassem Heu" beschrieben. Ich konnte das zwar nicht riechen, aber komisch gerochen hat es schon.
Bereits nach ein paar Minuten beginnen die Bohnen zu knacken, etwa so wie wenn man Erdnüsse schält und ein unangenehmer Nebeneffekt setzt ein. Das sogenannte Silberhäutchen löst sich und fliegt durch die gesamte Küche. Durch die Hitze in der Pfanne steigen sie auf und verteilen sich in der gesamten Küche.
Nach weiteren 10 Minuten intensivem drehen und wenden knacken sie zum zweiten Mal, jetzt sind sie fast fertig. Die Farbe ist schon recht dunkel und nun müssen die Bohnen schnell abkühlen, damit der Röstprozess unterbrochen wird.
Ich fülle die gerösteten Kaffeebohnen nach zwei Tagen Reifung in meinen Vollautomaten und setze meinen Gästen ohne deren Wissen den Kaffee vor. Scheinheilig frage ich sie wie ihnen der Kaffee schmeckt - ich habe eine neue Sorte. Der Kaffee kommt gut an und auf meine ersten Gehversuche bin ich fast schon ein bisschen stolz. An dem Thema bleibe ich dran!
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